Reportage & Interview | 12.12.2018

Individualisierte Geräte für den Fachhandel

Fotostrecke Geschäftsführer Roberto Guizzardi (links) und Robert Simon, Vertriebsleiter Deutschland, im Werk in Lucca / Foto: GW Verlag

Colged ist ein italienischer Hersteller von gewerblichen Spülmaschinen. In zwei Werken fertigt man 50.000 Universal-, Hauben- und Korbspülmaschinen sowie Untertischgeräte. Die Trendkompass-Redaktion ließ sich von Robert Simon, Vertriebsleiter Deutschland, das Werk in Lucca zeigen und sprach mit Geschäftsführer Roberto Guizzardi.

Colged wurde 1952 gegründet, fünf Jahre später wurden die ersten kommerziellen Spülmaschinen gebaut. Worauf hat sich Colged in den Jahren davor konzentriert, wo liegen die Wurzeln Ihres Unternehmens?

Der Name Colged ist ein Akronym, bestehend aus den Anfangsbuchstaben der Stadt Lucca und der italienischen Begriffe für Gas, Elektrizität und Haushalt. Nach der Gründung 1952 wurden zunächst Holzöfen gebaut, seit 1957 gewerbliche Spülmaschinen. Wir betreiben heute zwei Werke: In Lucca haben wir uns auf Haubenund Korbspülmaschinen spezialisiert, in Verona fertigen wir Untertischgeräte. Unsere Strategie: ein Management, aber zwei Teams.    

Was hat Colged zur internationalen Marke gemacht? Spielt hier der Kauf durch die Eurotec Group 1992 eine Rolle?  

Schon vor 1992 war Colged international und lieferte nach Frankreich, Großbritannien oder Spanien. Wir wurden dann im Jahr 2000 Teil des multinationalen US-Unternehmens ITW Food Equipment Group… 

… Illinois Tool Works, wozu auch weitere Anbieter gewerblicher Küchengeräte gehören.  

Richtig, aber unsere Unternehmen arbeiten autark, es gibt hier keinen Austausch etwa der Komponenten.

Teil Ihrer Strategie ist es ja (siehe unten „Im Showroom“), parallel zu Ihren einfachen Modellen auch Premiumgeräte anzubieten. Wie wollen Sie Ihre Qualitäts- und Wachstumsstrategie in den nächsten Jahren weiter vorantreiben?

(lacht) Colged lernt Disziplin von Deutschland, zum Beispiel in Sachen Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement. In Sachen Wasserverbrauch ist das Modell TopTech bereits auf deutschem Level. Aber im Ernst: Unser Ziel ist es, zu expandieren, wir streben sechs Prozent Wachstum an. Einmal auf dem italienischen Heimatmarkt – bedenken Sie, Italien macht sieben Milliarden Euro Umsatz in der Metallindustrie –, außerdem zum Beispiel in Deutschland und Spanien.

Ist Spanien wirklich so stark?

Der Tourismus wächst, schauen Sie sich Mallorca und die Kanarischen Inseln an. Da wollen wir mitmischen.

Auf welchen Märkten sehen Sie sonst das größte Wachstumspotenzial für Ihr Unternehmen und wie möchten Sie vorgehen, um sich in diesen zu etablieren?

Der deutsche Fachhandel ist europaweit der anspruchvollste, er will perfekte Produkte. An dieser Benchmark wollen wir uns orientieren und in Sachen Qualität die Nummer eins nach den Deutschen aus Italien sein. Wir haben ein großes Portfolio und verkaufen 50.000 Geräte im Jahr. Wir produzieren täglich 200 Maschinen in Verona und 50 in Lucca. Angestrebt sind 53.000 im Jahr. 5.000 davon gehen nach Deutschland, darunter ist auch viel OEM und Katalogware. Unser größter Markt ist Italien, es folgen Großbritannien, Deutschland, Spanien, Frankreich. Durchaus auch Slowenien, Südtirol, Russland, Ukraine.  

Und außerhalb Europas?

Unser Kernmarkt ist sicher Europa – von Portugal bis Deutschland. Aber wir verkaufen eigentlich überall hin, auch nach Australien, Neuseeland, Mexiko, Brasilien; nur nicht in die USA oder Kanada.    

Warum nicht dorthin?  

Die USA sind zu groß, man braucht geeignete Händler, die US-Regeln sind sehr streng, die Kundschaft ist äußerst serviceorientiert – das können wir mittelfristig auf eine lange Distanz nicht gewährleisten.    

Was sagen Sie zu weiteren Märkten?  

Wissen Sie, wer unser größter Konkurrent in Indien ist? Es ist die Handwäsche, preiswerter als die auf dem Markt befindlichen Maschinen. Zu chinesischen Mitbewerbern kann ich nur sagen, dass wir sie in Europa noch nicht bemerken. Die türkische Konkurrenz ist durchaus stark und auch stark auf Messen vertreten; sie haben wirklich aggressive Preise! Colged kann bei diesen aggressiven Preisen nicht mitgehen, da wir in Deutschland ein Komplettpaket an Service und Aftersale-Service anbieten. Dazu gehören zum Beispiel auch Dokumente in der Landessprache und ähnliche Serviceangebote.    

Spielt Spülchemie eigentlich eine zunehmende Rolle in Ihrer Wachstumsstrategie?

Wir haben hier noch nicht die passende Strategie gefunden. Wir fokussieren uns auf die Mechanik, das heißt, unsere Kunden stimmen überwiegend selbst Wasser und Chemie ab.    

Qualitätsmanagement ist ein wesentlicher Bestandteil von Colged. Wie setzen Sie dieses um?

Qualitätsmanagement ist essenziell für ein mittelständisches Unternehmen! Colged ist ISO-zertifiziert nach Euronorm 9001; dank ITW haben wir zum Beispiel einen eigenen Human-Resources-Plan.

Sie haben den deutschen Fachhandel bereits gelobt. Bitte erläutern Sie das besondere Angebot, das Sie Endkunden über den Fachhändler machen können…

… und womit sich der Fachhändler bestens profilieren kann. Gerne: Wir bieten dem Fachhandel individualisierte Geräte an – eigenes Design, eigene Marke und Logo, ja sogar eigene Wascharme, Displays oder Keyboards. Das ist ein wertvoller USP, denn das macht den Fachhändler unverwechselbar für seine Endkunden. Dieser weiß dann, dass es sich nicht um anonyme Internetware handelt und bekommt eine enge Bindung zu seinem Händler. Wir wissen, dass der deutsche Endkunde sehr qualitätsbewusst und anspruchsvoll ist; unser Angebot ist genau diesem Umstand geschuldet.   

Inwieweit fließt bei Neuentwicklungen Ihrer Produkte das Thema Ergonomie ein?

Ergonomie ist gerade bei Spülmaschinen ein wichtiges Thema. Wir haben zum Beispiel jetzt bei den Haubenmaschinen den Griff besser und einfacher zu benutzen gemacht, ferner sind die Geräte nun leichter zu reinigen und haben keine Ecken im Innenraum.   

Und wie setzen Sie sich mit dem Thema Digitalisierung auseinander?

Der Nutzer unserer Geräte, generell von Spülmaschinen, ist kein ausgebildeter Koch, sondern bestenfalls eine angelernte Aushilfe. Also haben wir unsere Maschinen – anders als ein Hersteller von Kombidämpfern – so simpel wie möglich gehalten. Was weitere Aspekte der Digitalisierung wie etwa Vernetzung der Geräte oder Steuerung per App angeht: Wir sind bereit. Nur ist der normale Kunde eher nicht bereit, in diesem Preissegment dafür zu zahlen.   

Wie stehen Sie zum Ausbau des Onlinehandels?

Die Kunden wollen das Produkt sehen, sie sind gut vorinformiert. Doch Deutsche kaufen selten online. Und Spülmaschinen funktionieren nicht nach dem Schema „plug and play“, eher heißt es wohl öfter „plug and pray“ (lacht). Sie sind erklärungsbedürftig und ihr Funktionieren hängt von manchen externen Faktoren wie Wasserqualität und verwendeter Spülchemie ab. Das erfordert sorgfältige Beratung durch den stationären Fachhandel. Der Fachhandel hat großen Einfluss auf Endkunden, es geht vor allem um die Punkte Vertrauen und Service. Ich glaube darum um so mehr an den Fachhandel. Es gibt aber auch Key- Account-Kunden, die lieber direkt vom Hersteller beziehen. 

Wie ist Ihre Vertriebsstruktur aufgebaut und mit wie vielen Fachhandelspartnern arbeiten Sie aktuell in Deutschland zusammen?

Colged arbeitet mit drei Verkäufern, zwei Mitarbeitern im Backoffice und einem im Service. Wir arbeiten mit 160 Fachhändlern zusammen.

Wie halten Sie Fachhändler und deren Techniker fit für Ihre Spülmaschinen? Was bieten Sie den Partnern außerdem noch an Leistungen?

Spültechnik sollte ein professioneller Job sein, wir handeln nach dem Grundsatz „train the trainer“. Das Spektrum reicht deshalb von der simplen Broschüre bis zur anspruchsvollen technischen Schulung. Wir bieten Unterstützung in allen technischen Belangen, etwa zu den Themenschwerpunkten Wasser, Chemie oder Theorie und Praxis der Maschine (vgl. hierzu unsere Reportage über eine zweitägige Colged-Schulung in Koblenz; Trendkompass 10.2018). Wir sind ferner erreichbar für Händler und halten Ersatzteile über 24 Stunden verfügbar.

Leiden Sie in Ihrem Unternehmen an Fachkräftemangel und wenn ja, was unternehmen Sie zur Nachwuchsförderung?

Colged hat 260 Mitarbeiter bei sehr geringer Fluktuation – ich selbst bin seit 43 Jahren im Betrieb! Unser Augenmerk liegt auf Ausbildung und Innovation, wir beschäftigen allein 16 Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung. Schließlich sollen unsere Geräte modern und bezahlbar sein. Zwar werden in Verona auch Roboter eingesetzt, wir stehen jedoch generell auf dem Standpunkt: Unsere Mitarbeiter im Betrieb wachsen mit den technischen Aufgaben und Lösungen im Rahmen eines metallverarbeitenden Betriebs. Kein Wunder bei den kurzen Wegen bei Colged: Vom ersten Stock, wo unsere Entwickler sitzen, bis in die Produktionshalle ist es nur eine Treppe hinunter. Wir behalten unser Wissen und unsere Anforderungen direkt im Werk und verzichten auf Komponenten und Know-How aus Fernost.                     

www.colged.it/deu/home/

Das Interview führte unser Chefredakteur Peter Erik Hillenbach für den Trendkompass 12-2018   


IM WERK

 

Zwanzig Autominuten von der mittelalterlichen Stadtmauer von Lucca entfernt befinden sich die modernen Hallen von Colged, 2006 erbaut. Einerseits ist die Produktion der Spülmaschinen durch automatisierte Fertigung gekennzeichnet – das Zuschneiden, Biegen und Kanten der Bleche übernehmen neue 2D-Laserschneidmaschinen von Trumpf und Maschinen von Salvagnini. Andererseits werden die Geräte schrittweise in viel Handarbeit in Modulbauweise produziert; die in Arbeit befindlichen Maschinen werden über vier Fließband-, Schienen- und Rollensysteme zur jeweils nächsten Station weitertransportiert, wo die nächsten Komponenten verbaut werden. Die Tiefziehfertigung übernimmt das Werk in Verona, Teile wie die Schläuche und Tanks der Spülmaschinen werden zugekauft. In Lucca wird ausschließlich auftragsgebunden produziert, das heißt es wird nichts auf Lager vorproduziert.

Die Firmenphilosophie favorisiert eine Plattformlösung ähnlich wie in der Automobilindustrie, das heißt ein Chassis dient als Basis für diverse Marken. Colged-Geräte zeichnen sich, so Robert Simon bei der Werksführung, durch robuste Technik aus, auch was ihre Elektronik angeht. Innovativ ist das Unternehmen etwa bei Features wie dem Breaktank, der druckloses Arbeiten ermöglicht, oder dem Umstand, dass die Transportpalette bereits integraler Bestandteil bei der einzelnen Montagelinie ist. Transportschäden sind nämlich – nicht nur bei Colged – ein Problem, „Verpackung ist ein heißes Thema“, sagt Simon. Auch bei Parametern wie Geräuscharmut, Wärmerückgewinnung oder individueller Konfiguration sei man innovativ, was nicht zuletzt das Invest für eine moderne Druckmaschine zeige, die individuelle Schablonen und Brandings möglich macht.

Schlussbeobachtung: Die von Geschäftsführer Roberto Guizzardi angesprochene geringe Fluktuation in der Belegschaft lässt sich vielleicht auch mit der ausgezeichneten Qualität der Werkskantine erklären, in der Arbeiter, Angestellte und Management täglich gemeinsam essen.


IM SHOWROOM

 

Der Showroom von Colged liegt direkt hinter dem Empfangsbüro. Hier nahm uns Robert Simon, Vertriebsleiter Deutschland mit Sitz im badischen Schutterwald bei Offenburg, in Empfang und erläuterte anhand der ausgestellten Geräte einige Aspekte der Firmenphilosophie. Haubenmaschinen, Korbtransportmaschinen, Universal- und Gerätespülmaschinen gibt es in unterschiedlichen Qualitätsklassen und für unterschiedliche Märkte. Für den russischen etwa spielen Stückzahlen und Preis eine wichtige Rolle, dafür kommen die Geräte mitunter lediglich mit einem simplen Startknopf, einwandiger Ausführung und mit fühlbaren Kanten aus der Produktion.

Im Gegensatz dazu liegen Premiumprodukte wie die der TopTech-Serie preislich um 50 Prozent höher (um 7.000 Euro), sind aus stärkerem Material gefertigt, weisen keine scharfen Kanten auf und verfügen zum Beispiel über einen 22-Liter- statt über einen 15-Liter-Tank. Robert Simon: „Einige unserer Arbeiter sind ausgebildet, Masse zu machen, andere machen Qualität.“ Laut Simon gibt es Geräte der ProTech-Reihe mit ausführlichem Display, jedoch noch kein 4.0-Angebot wie etwa „Pay per Wash“ bzw. „Connected Wash“ anderer Hersteller. „Weil die Nachfrage gar nicht da ist“, sagt Simon. Der Kunde achte vielmehr auf den Preis, geringe Wartungskosten und auf sparsamen Wasserverbrauch – Colged-Geräte seien sehr wassersparend und verbrauchten nur 1,6 bis 1,8 Liter Wasser pro Spülgang.

Gleichwohl seien Colged-Geräte innovativ; so wurde etwa der neuartige Wascharm zusammen mit der Universität Verona entwickelt. Robert Simon: „Wir denken bei Kauf, Wartung und Betriebskosten immer vom Verbraucher her. Gute Einstiegspreise für den Endkunden bedeuten schließlich auch gute Margen für den Fachhandel.“


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